Aber was genau sind frühe Warnzeichen? Wie unterscheidet man eine „normale Phase“ vom
Beginn einer Lernstörung? Und wie können Eltern und Lehrkräfte rechtzeitig reagieren – bevor
aus Unsicherheit echte Schulangst wird?
Beginnen wir mit dem, was viele übersehen: Kinder, die unter Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS)
oder Dyskalkulie leiden, wirken auf den ersten Blick oft völlig unauffällig. Sie sind
intelligent, kreativ, voller Ideen – und trotzdem scheitern sie regelmäßig an scheinbar
einfachen Aufgaben. Zahlendreher, stotterndes Lesen, Tränen bei Hausaufgaben. Nicht aus
Faulheit, sondern aus echter Überforderung.
Noch subtiler sind manchmal die Anzeichen für AD(H)S oder schulbedingte Ängste. Ein Kind, das
plötzlich unruhig wird, nichts mehr erzählt oder sich bei jedem Schulthema verweigert. Oder
das andere Extrem: Rückzug, stille Verzweiflung, psychosomatische Beschwerden wie Kopf- oder
Bauchweh – besonders morgens. Die Schule wird zum Ort des Drucks. Und niemand bemerkt es.
Genau deshalb ist es so wichtig, nicht nur auf Leistungen zu schauen – sondern auf Verhalten.
Denn Verhalten ist Kommunikation. Und manchmal ruft ein Kind nicht laut um Hilfe. Es zieht
sich zurück. Es „funktioniert“ – aber innerlich ist längst etwas in Schieflage geraten.
Früherkennung ist kein Luxus. Sie ist eine Haltung.
Eine Entscheidung für Hinsehen statt Wegschauen. Für Verstehen statt Bewerten.
Und sie verändert alles: Sie gibt Kindern das Gefühl, nicht falsch zu sein. Sondern gesehen.
Ernst genommen. Unterstützt. Eltern und Lehrkräfte, die diese Zeichen erkennen und handeln,
sind nicht Teil des Problems – sie werden Teil der Lösung.
Was also tun? Beobachten Sie. Sprechen Sie mit Ihrem Kind – nicht über Schulnoten, sondern über
Gefühle. Was macht ihm Freude? Was stresst es? Wann fühlt es sich sicher? Und wenn sich der
Verdacht erhärtet: Holen Sie sich Hilfe. Nicht aus Schwäche. Sondern aus Verantwortung.
Denn das größte Geschenk, das wir einem Kind machen können, ist das Gefühl: Du bist nicht
allein. Und wir gehen diesen Weg gemeinsam.

